Montag, 2. Juni 2014

Die letzten km bis 'Welcome to Iran'


Ab 1. Juni ist unser Carnet de Passage gültig, das wir zur Einreise in den Iran, neben dem Visum, brauchen. Wir beschliessen noch eine Nacht in Saray, dem letzten Grenzort auf türkischer Seite, zu verbringen. Unsere Internetrecherche hat zwar keine Übernachtungsmöglichkeit ergeben, aber wir sind zuversichtlich das es irgendeine Pansyion oder Otel gibt.

Angekommen in Saray, was sich (oh Wunder) als weiteres kurdisches Dorf herausstellt, sehen wir erstmal keine Übernachtungsmöglichkeit. Fragen bei den hilfreichen Einwohner (mangels Englisch/Kurdisch/Türkisch Kenntnissen mit Händen und Füßen) ergeben widersprüchliches: Der eine wähnt keine 100m weg eine Pansyion, der nächste verweist auf den vorherigen Ort Özalp der 20km entfernt ist.

Als wir gerade beraten was wir zu tun haben, schallt es uns auf englisch von einer Baustelle an "Hello, where are you from? - und keine 2 min später sitzen wir bei Tee und der Bauherr hat bereits seinen Freund verständigt, der das Ortsansässige Hotel betreibt.

Das stellt sich dann als eine Art Lehrer-Schulungszentrum mit angeschlossenen Schlafzimmern heraus. Wir werden in den düsteren Kellerzimmern untergebracht, aber immerhin: warme Duschen und WLAN gibt es auch.

In der Lokanta gibt es Lahmacun und Pide zum Abendessen und die versammelten Grenzpolizisten erklären uns das die Grenze um 8 aufmacht und um 5 wieder zu.

Nachdem es kein Bier in Saray gibt, gewöhnen wir uns schonmal an die bierlose Zeit im Iran.

Über die Grenze:

Das mit den 8 Uhr war dann wohl doch etwas optimistisch. Als wir gegen 9:30 Uhr an der Grenze ankommen, sind noch alle Tore geschlossen. Gegen 10 geht's dann durch die türkische Grenze, wo es Fragezeichen wegen der fehlenden Stempel für unsere Motorräder im Pass gibt (Normalerweise werden Fahrzeuge in den Reisepass eingetragen und bei der Ausreise wieder ausgetragen. Da wir aber mit dem Personalausweis eingereist sind haben wir stattdessen einen kleinen Zettel mit den Stempeln bekommen). Das klärt sich aber und wir können über dir Grenze in den Iran rollen.

Dort empfängt man uns freundlich "Welcome to Iran" und führt uns gleich zur Passkontrolle. Wir müssen uns nicht in die Schlange der Türken und Perser stellen sondern werden gebeten Platz zu nehmen, bis die Passkontrolle erfolgt ist. Natürlich bekommen wir auch Tee serviert. Was ein Service.

Weiter geht's zum Zoll, wo unsere Carnets bearbeitet werden. Auch hier bringt uns ein freundlicher Beamter hin, bietet uns wieder einen Platz an und der Rest wird ohne unser aktives Zutun erledigt. Noch kurz die grüne Versicherungskarte gezeigt - Iran mit drauf? Gut, dann Gute Fahrt.

Der Schlagbaum hebt sich und wir rollen in den Iran. Knapp 1,5h hat alles gedauert, guter Schnitt.

Hat sich die Strasse schon vor der Grenze immer weiter verschlechtert so birgt sie diesseitig immer viel Abwechslung. Teils extrem gut ausgebaut werden wir immer wieder durch plötzliche Schotter-Abschnitte überrascht. In den Ortschaften sind nicht alle Geschwindigkeitshubbel 'Speed Bumps' vorher angekündigt...das lernen wir alles sehr schnell. 

Es ist erstaunlich wie stark sich die Landschaft verändert. Zuerst fahren wir an einem Flußlauf entlang. Links und rechts felsige, trockene Berghänge. Im Tal grüne Wiesen, Schafe und Bäume.

Bei Khoy geht es dann nach Süden Richtung Orumiyeh. Die gut ausgebaute Schnellstrasse bringt uns schnell voran, allerdings ist der Seitenwind und ein kurzer Regenschauer weniger angenehm.

Vom iranischen Verkehr haben wir schon viel gelesen und gehört. Und tatsächlich wird hier etwas chaotischer und schneller gefahren als in der Türkei. Aber die Iraner sind rücksichtsvoll und freuen sich wenn sie uns sehen, was sie lautstark mit Hupen und Winken unterstreichen.

In Orumiyeh haben wir von Saray aus unsere Unterkunft in Hossein's Biker Guesthouse gebucht. Eine Privatunterkunft mit Familienanschluss. Das merken wir spätestens dann, als am Ortseingang von Orumiyeh plötzlich ein winkender Herr steht, der uns deutet anzuhalten: Der Vater von Hossein, der uns zum Guesthouse begleitet. Mein Navi kannte zwar die GPS Koordinaten, aber nicht die Schleichwege, die Hossein Senior einschlägt, inkl. gegen die Einbahnstrasse.

Alles 'No Problem' und 'wunderbar'. 

Hossein Senior Abas und der kleine Bruder Araz führt uns noch zum Bazarviertel und zur alten und neuen Moschee. In der Shoppingstrasse beobachten wir das Erscheinungsbild der Frauen: das reicht vom Vollschleier bis hin zur Röhrenjeans oder Leggings mit (häufig tailliertem) Gehrock, Kurzmantel oder Tunika mit modisch lässig übers Haupt gelegten Schal. Von verhüllten weiblichen Formen nicht immer eine Spur.

Kerstin mit ihrer Cargo Hose und an Nachthemd erinnerndem geblümtem Langarm-Shirt (das einzige das in Van zu finden war) erntet viele mitleidige Blicke der gestylten und stark geschminkten Damen. 
Da muss eindeutig noch nachgerüstet werden!

Zum Abendessen gehen wir in ein typisches ' Lokal', es gibt Abgusht - Hammelfleisch mit Kichererbsen und Fladenbrot.


Die alte Moschee von Orumiyeh
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blogged by Zenzi39/Phoney

2 Kommentare:

  1. Auwei. Kerstins Outfit macht wirklich nicht gerade Werbung für das Modebewusstsein deutscher Frauen :-)))))

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  2. Du hättest mal die Blicke der totschicken Iranerien sehen sollen. Aber Kerstin wäre ja nicht Kerstin, wenn sie sich nicht gleich einen besseren Fummel gekauft hätte. Das Outfit hat sie sich in der Türkei zugelegt.

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