Sonntag, 8. Mai 2016

Resturlaub abbauen


Das hat sich alle richtig gut angehört, in meinem Kopf, als ich im Januar die erste Mai Woche Urlaub eingereicht haben. Der Resturlaub muss ja weg. Mit dem 1. Mai am Montag können das im ideal Fall neun Tage am Stück werden. Alleine (Kerstin muss arbeiten). Mit dem Motorrad. Mal wieder in die Dolomiten. Oder Slovenien. In den Vogesen war ich auch noch nie. Oder Kärnten - lohnt sich immer. Aber, wir müssen ja nichts planen: Einfach am Samstag die Klamotten und das Zelt gepackt und los gehts, wo immer ds Wetter gerade am besten ist.

Und der März war schon voller Vorfreude, Frühlingshaft warm, ja teilweise sommerlich. Biergarten Wetter. Vor meinem geistigen Auge sind die Schneemasse am Timmelsjoch dahingeschmolzen wie Schokolade auf dem Armaturenbrett.

Doch dann, der April - kältester April seit 16 Jahren. Ostern im Schnee. Winterreifen in München. Freitag, 28. April, der Blick aus dem Büro Fenster zeigt ein weisses München. Auf dem Brenner: Schneefall. In Slovenien: Regen. Im Schwarzwald: Graupelschauern. In ganz Europe nördlich von Barcelona: kleine, einstellige Temperaturen.

Soviel zu: Fahr einfach dahin wo das Wetter am besten ist. Das Wetter ist überall Mist, oder ich muss drei Tage durch Mistwetter fahren, um irgendwo im Frühling anzukommen.

Die Wetterapp war schon die ganze letze Woche mein Freund. Samstag sieht gar nicht so schlecht aus, nur der Brenner wird kritisch, aber einen anderen Weg in den Süden gibt es nicht. Ich darf nur nicht zu früh losfahren, vormittags herrscht gerne noch Frost. Mein Ziel: Der Gardasee. Den hab ich bisher gemieden wie der Teufel das Weihwasser (zu voll, zu touristisch, DA GEHT JEDER HIN). Aber jetzt ist es der einzige Ort in Tagesentfernung mit einer ☀️  in der Vorhersage und Temperaturen die im zweistelligen Bereich liegen.

Samstag morgen bin ich immer noch unschlüssig. Eventuell noch einen Tag warten. Oder doch lieber nach Kroatien - der Hinweg wird zwar nass und kalt, aber ab Zagreb ist Hoch angesagt. Kurz vor zwölf fällt die Entscheidung: es bleibt beim Gardasee, da habe ich die besten Chancen wenigstens ein paar Tage trocken zu Zelten.

Jetzt muss es schnell gehen: Zega Koffer aus dem Keller - Kochgeschirr ist schon drin, Spiritus alle - Kerstin geht eh einkaufen und bringt welchen mit - Supi. Also Klamotten, was kommt mit: Icebreaker, Wollshirt, Wollpulover, Thermounterwäsche, Fleecejacke. Ausserdem die Winterhandschuhe - hey wir haben ja ERST Mai. Der Endurohelm bleibt daheim: zu zugig.

Kurz nach nach eins bin ich Startklar (denke ich, was ich alles vergessen hab wird sich später zeigen). Und ab auf die 95, Garmisch, Innsbruck, Brenner. Um kurz vor vier bin ich oben. Das Thermometer zeigt 4C. Also heute mal kein Espresso in der Sonne wie sonst immer. Dafür Spagetti, drinnen. Als ich nach ne Stunde wieder losfährt, warnt mich eine Schneeflocke im Display: 2,5°C - Glättegefahr. Egal jetzt geht's Bergab.

Meran, Bozen, schon bald sechs. Der nächste Campingplatz wird angesteuert. Zelt aufgebaut, Geld geholt (nur Cash in Italy) und noch ein Bier. Dann gute Nacht. Zum Glück hab ich mir den warmen Schlafsack damals für Nepal gekauft, bei niedrigen einstelligen aussen Temperaturen ist der angesagt.

Um sechs bin ich wach. Wirklich warm ist mir nicht. Ausserdem ist meine Thermarest deutlich dünnhäutiger als am Abend zuvor - haben die Katzen doch ihre Spuren hinterlassen.

Egal, das Wetter ist toll (es regnet nicht). Also de Navi einen Campingplatz am Lago Di Garda eingeben (hab ich gestern Abend noch schnell gegoogelt) und 'kurvige Strecke' als Einstellung gewählt. Und schon geht's los. Was es hier für Strässchen gibt. Kaum 1,5m breit, aber Kurven ohne Ende - Lob an TomTom, gut gemacht.

Gegen 2 bin ich am Campingplatz. Hätte schon eine Stunde früher sein können, aber die letzen km ging's nur stop&go am See entlang - Touristen! Naja - mit dem Auto hätt's zwei Stunden gedauert 😜.

Schnell das Zelt aufgeschlagen, dicken Koffer und Gepäck weg und gleich wieder auf die Strasse. Wetterapp sagt für morgen Regen, also muss der Tag genutzt werden. Wird er auch. Ich bring noch knapp 200km auf den Tacho. Auch hier vereinfacht der Kurvenmodus die Planung (reduziert diese auf 0) und ich kann den auf der 95er eckig gefahren Reifen wieder ordentlich Rundung geben.

Montag, der 1. Mai dämmert. Bin mal wieder früh wach. Für heute ist Regen angesagt, aber im Moment sieht es noch ganz gut aus. Wetterapp sagt jetzt nicht mehr den ganzen Tag Regen, sondern nur noch ab 15:00 Uhr (100% Wahrscheinlichkeit). Also aufgesattelt und los. Es warten hier noch 1000nde Kurven auf mich (irgendwie können die Leute hier keine geraden Strassen bauen - mir solls recht sein). Wo könnte es heute hingehen? Ich geb mal Rovereto und Schio als Wegpunkte ins TomTom und lass mir eine 'Spannende Tour' planen. Und wieder werd ich positiv überrascht: tolle Strecken. Los geht es gleich mit einer kleinen Serpetinenstrecke die mit Torante N° 41 losgeht - so muss es sein.

Und es wird ein toller Tag. Als der Regen gegen Mittag einsetzt, ist es eh gerade Essenszeit. Ich lande in der nächsten Tratoria in einem Nest das nur mein Navi kennt. Es gibt keine Speisekarte, dafür aber ein Menü - Primi, Secundo, Cafe - Ok nehm ich (zum Glück hat der Siegenzug von Franziskaner Alkoholfreiem Weißbier auch die letzten Winkel von Norditalien erreicht). Das Essen ist super lecker und den Cafe trinke ich in der angrenzenden Bar - grosses Hallo (eigentlich eher CIAO) als ich da mit Helm und Klamotten steh.

- Eine Grappa
- No, gracie, muss noch Motorradfahren
- Ah, was moto - tausendzweihundert?
- ja genau, BMW
- Oh mi amigo, una grappa
- no, no alcohol
- eine Ramazotti?

Dauert noch etwas bis ich mich aus der Diskussion befreien kann. Statt Grappe muss ich drei Esspressi trinken.

Den Regen interessiert das nicht. Also zurück zum Campingplatz. Dort komm ich drei Kilo schwerer an - die Rukka hat sich schon voll gemacht (das Imprägnierspray vom Kaufhof taugt nichts) - aber 'innen' alles trocken. Ich geh erst gar nicht ins Zelt und sau das voll, sondern setzt mich den beheizten Aufenthaltsraum, trink ein, zwei Weißbier (diesmal mit Alkohol, aber trotzdem vom Franziskaner) und überleg so was ich morgen mache.

Für morgen (Dienstag) ist immer noch überall eitel Sonnenschein (ausser Brenner - da regnets). Aber dann wird es allgemein schlecht. Auch wieder Schnee. Ich beschliesse meine Optionen zu erweitern: morgen eine schöne Tour (Spannende Route) Richtung Bruneck. Von da bin ich in einem Tag daheim, oder in Kärtnen oder kann eine Runde durch die Dolimiten Kurven (ganz nach Lust und Wetter).

Gesagt getan. Nachts hat es mit Regnen aufgehört und das Zelt ist schon fast wieder trocken. Um neun gehts los und mein Navi hat eine tolle Strecke errechnet: Aus 2,5 Stunden und 200km (Autobahnen meiden) werden knapp 270km und 5 Stunden (Spannende Tour). Die bekannten Highlights: Mendelpass und Würzjoch sind mit dabei, aber leider beide geschlossen. Ebenso wie Penserjoch, Jaufenpasse, Stallersattel, usw.

Aber die Strecke ist trotzdem super. Wenn ich von den 270km, 25km den Lenker gerade gehalten hab, ist das wahrscheinlich übertrieben.

Aber mit Zelten ist jetzt Schluss - ich gönn mir ein 'Wellness & Spa' Hotel. Punkt vier bin ich da, 4:15 sitz ich in der Sauna. 17:30 lieg ich auf der Massage Bank und um acht beim 5 Gänge Menu - geht doch!

Das 'reichhaltige' Frühstück am nächsten morgen entpuppt sich dann eher doch als 'Italien Standard', also ein paar Brötchen, Plunderteilchen und etwas Käse & Mortadella Aufschnitt. Draussen hängt ein bleigrauer Himmel über den Alpen. Beim Packen nieselt es leicht als dann aber gegen 9 losfahre hat es aufgehört. Ich verzichte auf einen weiteren Tag in Italien (und in dem Hotel) und beschliesse mich auf den Heimweg zu machen. Also Richtung Brennero. Es ist frisch, aber zumindest nicht nass. Es gibt keinen Halt auf der Passhöhe, ich beschliesse erst wieder beim billigen Sprit in Innsbruck halt zu machen.

Und siehe da - Innsbruck empfängt mich mit Sonnenschein. Was mich kurz ins Grübeln bringt: "Vielleicht doch noch einen Tag in Österreich bleiben?". Aber der Wetterbericht im Radio ist klar - nur ein etwas Fön, der ab Mittag vorbei ist und dem Regen platz macht. Also noch einen kurzen Abstecher über den Kühtai Pass und dann wieder zurück nach München.

Fazit: Das Wetter und die Temperaturen haben zwar für etwas Frust gesorgt, aber dafür muss ich die Gegend um den Gardasee definitiv zu meinen Lieblingsregionen dazu nehmen. Da gibt es noch viele Strecken zu erkunden.


BILD BILD
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