
Toskana 2020 VI - Es geht Heimwärts
Von Ligurien geht es durch die Po-Ebene ins Trentino nach Molveno und weiter über Sterzing und Brenner nach Hause.
10. September, Donnerstag: Mit etwas Wehmut packen wir unser
Zelt zusammen das jetzt drei Tage lang unser Ausgangspunkt war für eine
wirklich tolle Zeit am Meer und in den Cinque Terre. Ich denke wir werden die
Gegend nicht zum letzten Mal besucht haben.
Gegen zehn sind wir abfahrtsbereit
und wenden uns Richtung Norden, grob Richtung Cremona. In der Gegend wollen
wir uns für heute Abend mal wieder ein nettes Agritoursimo suchen. Wir müssen
ja nicht hetzen, sondern haben noch volle vier Tage Zeit, bevor der Ernst des
Lebens wieder losgeht. Gleich hinter Levanto geht es wieder in die Berge hoch.
Über den Passo di Centocroci geht es auf schönen kleinen Sträßchen immer
weiter durch die Wälder. Sehr schön ist es hier - aber auch wirklich sehr
einsam. Uns knurrt schon ganz schön der Magen als wir endlich mal ein Schild
sehen das eine Trattoria angekündigt. Dass es dann nochmal fast eine halbe
Stunde dauert, bis wir dann bei der
Trattoria Solari
ankommen, zeigt wie wenig in dieser Gegend los ist. Ohne groß hinzuschauen,
parken wir die Bikes und lassen uns auf der Terrasse nieder. Der Laden sieht
aus wie eine alte Tankstelle. Erst nach und nach bemerken wir einige seltsame
Dinge: Überall sind lebensgroße Puppen aufgestellt, das ganze ist ein riesiges
Sammelsurium an Trödel und Souvenirs. Die Mama des Hauses preist uns das Menü
an, aber obwohl wir ordentlich hungrig sind, sind uns dann drei Gänge plus
Suppe und Nachtisch dann doch etwas zu viel. Kerstin entscheidet sich für
Antipasti ohne Fleisch und ich nehme die Pasta. Was dann kommt lässt uns
wirklich staunen. Statt Grissini kommen da die ‚Torta‘ - das ist so eine
Mischung aus ‚Auszogene‘ und ‚Churro‘, aber nicht süß - die Portion ist riesig.
Dann kommt die Antipasti: Ein riesiges Stück Käse und ein Laib Brot dazu - wir
sind baff. Davon können wir uns zwei Tage ernähren. Tapfer kämpfen wir mit dem
Käse als dann eine Schlüssel in der Größe einer Kinderbadewanne ankommt, voll
mit Taigliatelle con Funghi - damit könnte man eine halbe Kompanie versorgen.
Wir essen was geht, aber am Ende sieht alles immer noch so aus, als hätten wir
es kaum angerührt. Die Mama ist sichtlich enttäuscht und will unseren Appetit
mit einem Grappa anregen, was wir aber mit Hinweis auf die Motorräder dankend
ablehnen. Immerhin nehmen wir die übrigen Torta mit.
Von hier schlängeln wir uns noch ein Weilchen durch die Berge der Emilia
Romagna, bevor es unweigerlich hinunter zur Po-Ebene geht. Es ist schon kurz
nach vier als wir vor Cremona halt machen um ein passendes Agritourismo zu
finden - gar nicht so einfach. Einige sind geschlossen, andere haben kein
Restaurant und sind zu weit weg von einer Ortschaft. Am Ende werden wir dann
doch fündig - das
Cascina Farisengo
wird unsere Bleibe für die Nacht. Als wir angerufen und reserviert haben
wussten wir nicht viel darüber - nur dass die Dame am Telefon sehr nett war,
dass es nicht weit ist und dass wir sowohl im Agritoursimo oder in einer
Pizzeria in der Nähe etwas essen können. Mehr brauchen wir nicht. Als wir dann
ankommen finden wir einen prächtigen Gutshof mit traumhaft renovierten
Zimmern vor - der pure Luxus. Der alte Baron Ferrari (kein Witz) empfängt uns
persönlich und wir dürfen unsere Motorräder auch gleich im Kutschenhaus parken
(auch kein Witz, da stehen wirklich ein halbes dutzend Kutschen drin). Nach
einem Spaziergang durch den angelegten Garten, inkl. Teich und Lauben, lassen
wir uns dann unter Palisaden zu einem einfachen aber sehr leckeren Abendessen (Pizza und Salat) nieder und genießen die Ruhe. Wir erfahren dass die
Familie sich auf Hochzeiten und andere Events spezialisiert hat und es gibt
sogar ein kleines Museum mit alten Gerätschaften, vom Traktor bis zum
Feuerwehrwagen.






11. September: Wir haben schon gestern beschlossen, dass wir die
Po-Ebene möglichst schnell, also auf der Autobahn durchqueren wollen - hier
ist es flach und heiß, das ist nicht unser Ding. Zum Glück geht die Autostrada
gleich bei Cremona los und es dauert weniger als eine Stunde bis wir wieder an
Höhenmeter gewinnen. Unser Ziel für heute soll der Campingplatz in Molveno
sein. Mit Molveno verbinden uns sehr schöne Erinnerungen an eine unserer
ersten Touren, als Kerstin noch bei mir hinten mitfuhr. Und so lassen
wir den Gardasee rechts liegen und sind schon kurz nach zwei am
Campingplatz,
der sehr schön am See gelegen ist mit wunderbarem Blick auf die Brenta
Dolomiten. Und das ist auch gut so - können wir noch zwischen verschiedenen
Plätzen wählen, ist der Platz drei Stunden später voll. Naja - heute ist
natürlich auch Freitag und nicht wenige Wochenendurlauber reisen an. Egal -
wir sitzen gemütlich vor unserem Zelt, schlendern durch das Städtchen, gönnen
uns Apero und Pizza und schlafen unter einem wunderbaren Sternenhimmel ein.
12. September, Samstag - Entschleunigung heißt unser Motto in den
letzten Tagen unseres Urlaubes. Also auch heute nur eine kurze Tour nach
Sterzing am Fuße des Brenners. Hier wollen wir uns standesgemäß von Italien
verabschieden und nehmen ein schönes Zimmer in einem modernen Hotel nahe der
Altstadt. Das Wetter ist wundervoll und so verbringen wir den ganzen Tag damit, das kleine Städtchen zu erkunden (die Stadtführung haben wir leider verpasst),
sitzen fast in jedem Café einmal, essen Eis und trinken - der darf natürlich
nicht fehlen - denen einen oder anderen Spritz. Nur das mit dem Essen haben
wir uns anders vorgestellt: Schon bei unserem Spaziergang merken wir dass die
Stadt ordentlich voll ist, also ausnahmsweise mal einen Tisch reservieren -
leider nicht so einfach: alle Restaurants sind entweder schon voll, haben
geschlossene Gesellschaften oder erst gar nicht offen. Am Ende finden wir dann
doch ein Plätzchen auf einer Terrasse, mit Pizza und Pasta, einem etwas
muffligen Kellner, der aber unter seiner schroffen Art, eigentlich doch ganz
nett ist. Morgen geht es dann nur noch über den Brenner nach Hause.



Fazit: Obwohl wir noch im Juni nach Griechenland fahren wollten und
Italien und die Toskana nie auf unserer Liste stand, sind wir begeistert und
werden sicher wieder kommen. Mir haben es besonders die unendlich vielen
kleinen Strassen, voller Kurven und Serpentinen angetan, die die Emilia -Romagna
und Ligurien durchziehen. Aber auch die mittelalterlichen Städte der Toskana, das
Essen, der Wein und natürlich die vielen freundlichen Begegnungen … ja, ich
glaube wir gehören jetzt auch zur Toskana-Fraktion.
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